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Pressemitteilungen

Frühe Katheteruntersuchung vorteilhaft für Hochrisiko-Patienten mit akuten Durchblutungsstörungen des Herzens


Elektrokardiogramm bei einem akuten Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung | Bild: Universitätsklinikum Schleswig-Holstein


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Forscher des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und des Herzzentrums Leipzig haben herausgefunden, dass bei einer bestimmten Form von Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, dem akuten Koronarsyndrom ohne ST-Hebung, eine frühe Katheteruntersuchung die Anzahl der Todesfälle reduzieren könnte — allerdings nur bei Hochrisiko-Patienten. Bei allen anderen Patienten beeinflusst der frühe Zeitpunkt des Eingriffs die Sterblichkeit mutmaßlich nicht.

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Ein akutes Koronarsyndrom ist ein Notfall. Ein Herzkranzgefäß ist verschlossen oder hochgradig verengt und es kommt zu lebensbedrohlichen Durchblutungsstörungen des Herzens. Die Patienten verspüren Schmerzen, Atemnot und ein starkes Engegefühl in der Brust. In der Notaufnahme wird zunächst ein Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet. Zeigt sich dort im Kurvenverlauf eine ST-Strecken-Hebung, handelt es sich um einen ST-Strecken-Hebungsinfarkt und es wird sofort eine Katheteruntersuchung durchgeführt, um das verschlossene Blutgefäß zu identifizieren und wiederzueröffnen.

Wenn das EKG keine ST-Hebung zeigt, liegt ein akutes Koronarsyndrom ohne ST-Hebung (NSTE-ACS) vor und dem Patienten wird Blut zur Bestimmung eines Biomarkers, dem Troponin, abgenommen. Ist dieser Biomarker erhöht, handelt es sich um einen Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt. Ist das Troponin hingegen nicht erhöht, liegt eine instabile Angina pectoris vor. Die Leitlinien empfehlen für Hochrisikopatienten mit NSTE-ACS einen frühen Kathetereingriff innerhalb von 24 Stunden nach Krankenhausaufnahme.

Die Empfehlung basiert auf mehreren Studien, die zeigten, dass eine frühe Koronarangiographie die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzt und Symptome einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels nicht so häufig wiederkehren. Allerdings waren diese Studien zu klein, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob der Zeitpunkt auch die Sterblichkeit beeinflusst.

Hochrisiko-Patienten profitieren

Dr. Alexander Jobs, DZHK-Wissenschaftler am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und an der Universität zu Lübeck, hat gemeinsam mit Kollegen vom Standort München und dem Herzzentrum Leipzig nun mit einer umfangreichen Meta-Analyse herausgefunden, dass eine frühe Koronarangiographie die Anzahl der Todesfälle bei vier Hochrisikogruppen senken könnte. Dazu gehören Patienten, die entweder älter als 75 Jahre sind, Diabetes haben, erhöhte Biomarker-Werte bei der Aufnahme haben oder einen hohen Punkt-Wert bei einem Risiko-Score aufweisen. Betrachtet man hingegen die Gesamtheit der 5.324 untersuchten Patienten mit NSTE-ACS reduzierte der frühe Eingriff, gegenüber der Koronarangiographie zu einem späteren Zeitpunkt, die Sterblichkeit nicht. Die Daten für die Analyse stammen aus acht Studien. Anders als vorherige Meta-Analysen zu diesem Thema konnten Jobs und Kollegen im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation individuelle Patientendaten der einzelnen Studien analysieren. Des Weiteren standen längere Nachbeobachtungszeiträume zur Verfügung. „Dadurch wurde unsere Analyse statistisch aussagekräftiger und wir konnten erstmals Subgruppen analysieren“, erläutert der Assistenzarzt vom Universitären Herzzentrum Lübeck. Da die Aussage bezüglich der Hochrisikogruppen auf der Auswertung von solchen Subgruppen basiert, planen die Wissenschaftler derzeit eine große randomisierte Studie, um diese explorativen Ergebnisse zu bestätigen.

 

Für die Veröffentlichung der Meta-Analyse in The Lancet erhielt Dr. Alexander Jobs den Publikationspreis der Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK) der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie e. V.

 

Originalarbeit: Optimal timing of an invasive strategy in patients with non-ST-elevation acute coronary syndrome: a meta-analysis of randomised trials. Jobs A, Mehta SR, Montalescot G, Vicaut E, Van't Hof AWJ, Badings EA, Neumann FJ, Kastrati A, Sciahbasi A, Reuter PG, Lapostolle F, Milosevic A, Stankovic G, Milasinovic D, Vonthein R, Desch S, Thiele H. Lancet. 2017 Aug 19;390(10096):737-746. DOI: 10.1016/S0140-6736(17)31490-3

Kontakt: Christine Vollgraf, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse(at)dzhk.de

Dr. Alexander Jobs, Medizinische Klinik II, Kardiologie, Angiologie, Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Universitäres Herzzentrum Lübeck, alexander.jobs(at)uksh.de