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Hemmstoff des Proteinabbaus bremst schweren Verlauf von Herzmuskelentzündungen aus


Foto: fotolia/miss_mafalda


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Wie schwer eine virale Herzmuskelentzündung verläuft, hängt eng mit der Immunantwort der betroffenen Person zusammen. Ein Hemmstoff des Immunoproteasoms, eines Proteinabbaukomplexes in Immunzellen, reduziert das Ausmaß der Entzündung und damit auch die Schäden am Herz während einer Herzmuskelentzündung. Diesen neuen Behandlungsansatz haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin jetzt entdeckt, wie in der Fachzeitschrift EMBO Molecular Medicine veröffentlicht ist.

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Virusinfektionen des Herzmuskels können insbesondere bei Kindern und jungen Erwachsenen eine verheerende Reaktion des Immunsystems auslösen, die zu einer starken Entzündung mit anschließender Herzschwäche oder sogar plötzlichem Herztod führen kann. Die Aktivierung der Immunantwort dient einerseits dazu, die Viruserkrankung einzudämmen, löst aber auf der anderen Seite auch krankhafte Reaktionen am Herzmuskel aus. Daher versuchen die Forscher, neue Angriffspunkte zu identifizieren, um die Immunantwort abzuschwächen und gleichzeitig eine sichere Kontrolle des Virus zu ermöglichen. Denn hauptsächlich scheint der Verlauf der Erkrankung vom Wechselspiel zwischen den virusvermittelten Zellschäden und der individuellen Reaktion des körpereigenen Abwehrsystems abzuhängen. So verlaufen virale Herzmuskelentzündungen bei den meisten Menschen fast symptomlos.

Stabile Herzfunktion

DZHK-Wissenschaftlerin Professor Dr. Antje Beling vom Institut für Biochemie an der Charité–Universitätsmedizin Berlin hat mit ihrem Team einen Hemmstoff des Immunoproteasoms, ONX 0914, mit dem Ziel eingesetzt, schwere Verläufe einer viralen Herzmuskelentzündung abzumildern. Das Immunoproteasom ist ein Proteasekomplex mit verschiedenen Enzymaktivitäten, der vor allem in menschlichen Zellen des Abwehrsystems vorkommt und dort Proteine abbaut. In einem Tiermodell, das sehr empfänglich für schwer verlaufende virale Herzmuskelentzündungen angelegt war, konnte dieser Hemmstoff die zerstörerische Entzündungsreaktion eindämmen. Es wurden Mäuse mit dem CoxsackievirusB3 infiziert, das auch menschliche Herzmuskelzellen befällt, und mit Beginn der Infektion mit dem Inhibitor ONX 0914 behandelt. Obwohl die Anzahl der Viren durch den Inhibitor nur minimal sank, war weniger Herzgewebe geschädigt und die Herzfunktion blieb stabil. „Mit dem Inhibitor treten keine starken Entzündungen auf, die die Füllung des Herzmuskels beeinträchtigen und das Herzmuskelgewebe schädigen. Deshalb kann das Herz auch unvermindert pumpen“, erläutert Beling.

Inhibitor bremst Botenstoffe aus

Monozyten und Makrophagen sind die Immunzellen, die während einer Virusinfektion wesentlich zu den Schäden am Herzmuskel beitragen. Deshalb untersuchten die Berliner Forscher, wie diese Zellen bei infizierten Tieren auf die Gabe des Inhibitors reagierten. Sie beobachteten, dass ONX 0914 zwar zu einer verstärkten Mobilisierung von Monozyten aus dem Knochenmark führte. Aber diese Zellen produzierten während der Infektion wesentlich weniger entzündungsfördernde Botenstoffe. Insbesondere durch die geringe Produktion von Monozyten-anlockenden Molekülen im Herzmuskel konnte sich auch keine starke, gewebeschädigende Entzündung entwickeln. „Die Unterdrückung der Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen ist der Haupteffekt des Inhibitors ONX 0914, der zu einem besseren Verlauf der Herzmuskelentzündung führt“, sagt Beling.

Auch die Wirkung von ONX 0914 auf andere Zellen des Immunsystems, wie die Lymphozyten und die Neutrophilen, wurde analysiert. Während einer Virusinfektion konnten die Wissenschaftler bei unbehandelten Mäusen beobachten, dass die Anzahl der Lymphozyten im Körper stark zurückging, was durch die Behandlung mit ONX 0914 komplett verhindert wurde. Ebenso fanden sie nach Gabe des Hemmstoffs mehr gegen das Virus gerichtete Antikörper, was darauf hindeutet, dass die Antikörperantwort des Immunsystems intakt blieb bzw. durch ONX 0914 sogar noch verbessert wurde. Neutrophile Abwehrzellen reagierten zwar deutlich auf die Behandlung mit ONX 0914, das beeinflusste jedoch nicht den Krankheitsverlauf.

Großes therapeutisches Potenzial

Momentan arbeiten die Forscher daran, auf molekularer Ebene zu entschlüsseln, wie die Hemmung des Immunoproteasoms die Produktion der entzündungsfördernden Botenstoffe drosselt. Sie konnten bereits herausfinden, dass ein bestimmter Signalweg in Zellen, der sogenannte MAP-Kinase-Weg, an der Übermittlung der Wirkung beteiligt ist. Außerdem überprüfen Beling und ihre Kollegen in einem anderen Modell zur Herzmuskelentzündung, ob ONX 0914 dort die gleiche schützende Wirkung entfalten kann. „Der Wirkstoff birgt eine großes Potenzial, nicht nur für die Herzmuskelentzündung, sondern auch für andere Krankheitsbilder, die maßgeblich durch eine überschießende Immunantwort entstehen“, so Beling. Ein Analog des Hemmstoffs ONX 0914 wird schon in klinischen Studien Phase I/II bei Patienten mit entzündlichen Autoimmunerkrankungen getestet.

 

Originalarbeit: Althof, N., Goetzke, C. C., Kespohl, M., Voss, K., Heuser, A., Pinkert, S., Kaya, Z., Klingel, K. & Beling, A. The Immunoproteasome-Specific Inhibitor Onx 0914 Reverses Susceptibility to Acute Viral Myocarditis. EMBO molecular medicine, (2018). DOI. 10.15252/emmm.201708089

 

Kontakt: Christine Vollgraf, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse(at)dzhk.de

 

Prof. Dr. med. Antje Beling, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Biochemie, antje.beling(at)charite.de