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Neuer Mechanismus entdeckt, der zu Herzrhythmusstörungen bei Herzschwäche führt


Erst-Autor der Publikation: Dr. med. univ. Philipp Bengel, Assistenzarzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG. | © umg/hzg


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Bisher gibt es nur wenige Medikamente für Herzschwäche-Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Die, die zugelassen sind, haben meist starke Nebenwirkungen. Wissenschaftler haben einen Mechanismus aufgedeckt, der zu den Rhythmusstörungen führt. Im Tiermodell gelang es, den Mechanismus auszuschalten. Das lässt die Wissenschaftler vom Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen hoffen, dass sie aus den neuen Erkenntnissen auch für Menschen eine wirksame Therapie entwickeln können.

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Etwa jeder dritte Herzschwäche-Patient ist von Herzrhythmusstörungen betroffen. Sie können lebensbedrohlich sein und erhöhen insgesamt das Sterberisiko der Patienten und Patientinnen. Bei einer Herzschwäche hat der gestörte Herzschlag vor allem damit zu tun, dass Natriumkanäle verspätet schließen. Der spät fließende Natriumstrom bringt die Aufeinanderfolge von elektrophysiologischen und biochemischen Prozessen durcheinander, Herzrhythmusstörungen können die Folge sein.

DZHK-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlerin vom Herzzentrum Göttingen ist es gelungen, in vielen Versuchsreihen nachzuweisen, dass ein bestimmter Natriumkanal, der eigentlich dem Nervensystem zugeordnet wird, bei einer Herzschwäche vermehrt in den Herzmuskelzellen vorkommt. Dieser Natriumkanal NaV1.8 und ein bestimmtes Protein, das bei der Entstehung von Herzschwäche eine zentrale Rolle spielt, beeinflussen sich wechselseitig so, dass sich der Natriumstrom dramatisch steigert.


Um sicher zu gehen, dass der Natriumkanal Nav1.8 diese Wirkung auf den Natriumstrom hat, machten Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke und Prof. Dr. Samuel Sossalla Versuche mit Herzmuskelgewebe von Herzschwäche-Patienten und schlagenden Herzmuskelzellen, die sie aus Stammzellen von Patienten entwickelten. „In diesen Zellen wurde mit der Genschere CRISPR-Cas9 der Natriumkanal Nav1.8 herausgeschnitten. Bei den so veränderten Zellen konnte der späte Natriumstrom tatsächlich gestoppt werden. Dies brachte den endgültigen Nachweis, dass Nav1.8 am späten Natriumstrom beteiligt ist“, sagt Prof. Streckfuß-Bömeke. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications publiziert.

„Im Mausmodell zeigten sich ebenfalls weniger Herzrhythmusstörungen, nachdem Nav1.8 ausgeschaltet wurde. Dadurch verbesserte sich auch das Überleben der Mäuse. Dies macht Hoffnung, dass es sich hierbei tatsächlich um einen wirksamen Therapieansatz für Rhythmusstörungen handelt“, sagt Dr. Philipp Bengel, Kardiologe an der Universitätsmedizin Göttingen und einer der Erstautoren der Studie.

In einem nächsten Schritt möchten die Wissenschaftler Hemmer untersuchen, die bereits im Bereich der Schmerzforschung in klinischen Studien eingesetzt wurden.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Samuel Sossalla, sossalla(at)med.uni-goettingen.de
Prof. Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke, katrin.streckfuss(at)med.uni-goettingen.de


Originalpublikation: Bengel, P., Dybkova, N., Tirilomis, P. et al. Detrimental proarrhythmogenic interaction of Ca2+/calmodulin-dependent protein kinase II and NaV1.8 in heart failure. Nat Commun 12, 6586 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-26690-1

Quelle: Pressemitteilung der Universitätsmedizin Göttingen