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Wie sich die Herzen unterscheiden


Unterschiedliche Herkunft = unterschiedliche Risiken bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen? Forscher wollen diese Fragestellung auf der Ebene der Herzzellen und ihrer Genaktivität überprüfen. | ©Djomas - stock.adobe.com


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Erst kürzlich hat ein internationales Forschungsteam den Atlas des menschlichen Herzens erstmals skizziert. Nun wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Projekt um eine Dimension erweitern: Diversität. Dafür bekommt das Team, koordiniert von Prof. Norbert Hübner, Principal Investigator am DZHK und Wissenschaftler am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), eine zusätzliche Förderung der Seed Networks der Chan Zuckerberg Initiative.

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Weltweit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen Todesursache Nummer eins. Für manche Menschen ist das Risiko allerdings höher als für andere – Schwarze in den USA sind beispielsweise deutlich häufiger betroffen als Latinos. Neben der sozioökonomischen Ungleichheit beeinflusst anscheinend auch die genetische Prädisposition, wie die jeweilige Erkrankung verläuft und wie gut sie behandelt werden kann.

Aber was genau verbindet die ungleichen Risiken? Um diese Frage zu beantworten, wird der Human Heart Cell Atlas – koordiniert von Jonathan Seidman, Bugher Professor für Kardiovaskuläre Genetik an der Harvard Medical School und Prof. Norbert Hübner vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) – die zellulären und molekularen Signaturen von gesunden Spenderherzen aus diesen Bevölkerungsgruppen charakterisieren. Dazu kooperiert das Projekt mit Partnern in Brasilien und Kanada, nicht zuletzt mit Prof. Gavin Oudit vom Mazankowski Alberta Heart Institute von der Universität von Alberta.

„Afroamerikaner bekommen unter anderem seltener Arteriosklerose als Weiße, haben aber öfter koronare Herzerkrankungen. Sie haben öfter Bluthochdruck, aber seltener Herzrhythmusstörungen“, sagt Seidman, „Unsere These ist, dass sich auch das Zusammenspiel von Zelltypen und Zellzuständen unterscheidet und das Herz deshalb anders auf ganz normale Abläufe und Krankheit reagiert. Und das nicht nur bei Afroamerikanern, sondern bei Menschen ganz verschiedener Herkunft.“

Der Ausgangspunkt ist das gesunde Organ

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen das gesamte Spektrum der Herzzellen und ihre Genaktivität analysieren und dann mit den bereits vorhandenen Daten von Europäerinnen und Europäern vergleichen. „Auch hier ist unser Ausgangspunkt zunächst das gesunde Herz“, sagt Norbert Hübner vom MDC, der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem Berlin Institute of Health und dem DZHK in Deutschland. Hübner hat den Herzzellatlas gemeinsam mit Dr. Sarah Teichmann vom Wellcome Sanger Institute im britischen Cambridge, Jonathan Seidman und Christine Seidman, beide von der Harvard Medical School in Boston, und Dr. Michela Noseda vom Imperial College London vor rund drei Jahren ins Leben gerufen, um das Herz Zelle für Zelle zu verstehen.

Der Herzzellatlas gehört zur internationalen Initiative „Human Cell Atlas“ (HCA), die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geleitet wird. Die Chan Zuckerberg Initiative (CZI) fördert das Vorhaben als CZI Seed Network für den Human Cell Atlas. Für den Aspekt der Diversität erhöht die amerikanische philanthropische Organisation nun die Förderung. CZI finanziert Diversitätsprojekte von insgesamt zehn solcher Netzwerke zu verschiedenen Geweben und Organen, gab sie am 28.10.2020 bekannt.

„Es ist sehr wichtig, dass wir den Aspekt der Diversität beim Human Cell Atlas beachten, sodass wir aus historischen Versäumnissen und Verzerrungen in der Genomik lernen und daran wachsen können“, sagt Norbert Tavares, CZI-Programmmanager für Einzelzellbiologie. „Diese Projekte sind erst der Anfang einer langfristigen Berücksichtigung der Diversität im HCA. Als erste Pilotprojekte können sie zukünftige Ansatzpunkte für eine tiefere Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen aufzeigen.“

Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Professor Norbert Hübner, Leiter der AG „Experimentelle Genetik von Herz-Kreislauferkrankungen“, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), nhuebner(at)mdc-berlin.de 

Quelle: Pressemitteilung Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)