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Der digitale Diagnose-Helfer: Smartwatch erkennt schwere Durchblutungsstörungen des Herzens


Die Entdeckung des Mainzer Ärzteteams könnte mit dazu führen, dass weltweit Herzinfarkte verhindert werden: Sie fanden heraus, dass sich mithilfe einer bestimmten Smartwatch neben Herzrhythmus- auch Herzdurchblutungsstörungen erkennen lassen. | ©psdesign1 - stock.adobe.com


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Elektronische Armbanduhren, sogenannte Smartwatches, verschiedener Hersteller können bereits seit langem Elektrokardiogramme (EKGs) aufzeichnen und Warnungen bei unregelmäßigem Herzrhythmus versenden. Nun entdeckte ein Ärzteteam der Cardiopraxis Mainz sowie des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz unter der Leitung von Prof. Thomas Münzel, Principle Investigator am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), dass sich mithilfe einer bestimmten Smartwatch neben Herzrhythmus- auch Herzdurchblutungsstörungen erkennen lassen. Das berichten sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „European Heart Journal“. Ihre Entdeckung könnte mit dazu führen, dass weltweit Herzinfarkte verhindert werden.

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Die Digitalisierung kann auch in der Medizin vieles bewirken, sogar Leben retten. Dies zeigt der konkrete Fall einer 80-jährigen Patientin in Mainz. Die passionierte Apple Watch-Trägerin war in die Chest Pain Unit der Universitätsmedizin Mainz gekommen und hatte über Brustschmerzen, unregelmäßigen Puls und das Gefühl, das Bewusstsein zu verlieren, geklagt – alles typische Symptome einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) und damit mögliche Vorboten eines Herzinfarkts. Sowohl ein daraufhin aufgezeichnetes EKG als auch eine folgende Blutuntersuchung waren jedoch unauffällig. In EKG-Aufzeichnungen, welche die Patientin zuvor mit ihrer Uhr gemacht hatte und den Ärzten zeigte, fanden diese dann ausgeprägte Senkungen der sogenannten ST-Strecke – und damit deutliche Hinweise auf eine schwere und akute Herzdurchblutungsstörung. Daraufhin wurde die Patientin umgehend mit einem Herzkatheter untersucht, wodurch eine schwere KHK festgestellt wurde, die ohne Weiteres zu einem Herzinfarkt hätte führen können. Die nahezu verschlossenen Herzkranzgefäße der Patientin wurden mit einem Ballon gedehnt und mit Stents versorgt. Zwei Tage später konnte die Patientin beschwerdefrei entlassen werden.

„Die Apple Watch bzw. deren EKG-APP wurde bisher ausschließlich zur Diagnostik von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern benutzt. Unserer Meinung nach ist dies der erste Fall, der auch Herzdurchblutungsstörungen aufzeigen konnte. Wenn man bedenkt, dass Millionen Menschen eine solche Uhr tragen, ist unsere Beobachtung dann schon sensationell. Dabei war auch von Vorteil, dass die elektronische Armbanduhr für die erkrankte Seniorin leicht zu nutzen war“, sagt Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel vom Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz.

„Dass die EKG-App der Apple Watch neben der Diagnose Erkennung von Herzdurchblutungsstörungen eingesetzt werden kann, sollen weltweit viele Fachleute und Patienten erfahren. Der Fall zeigt, dass die Digitalisierung in der Medizintechnik nicht mehr aufzuhalten ist. Jetzt geht es darum, sie möglichst sicher und effizient für die Zukunft und die Patienten zu gestalten. Bei entsprechender Anwendung können digitale Diagnosehelfer wie im Fall der 80-jährigen Patientin Leben retten“, so PD Dr. Christian Elsner, Kaufmännischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz.

Zum Ärzteteam unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel gehörten neben Dr. Michael Drexler von der Cardiopraxis Mainz auch der Oberarzt Univ.-Prof. Tommaso Gori und Assistenzarzt Valentin Gabelmann, beide vom Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz.


Originalpublikation:
Apple Watch detecting coronary ischemia during chest pain episodes or an apple a day may keep myocardial infarction away; Michael Drexler, Christian Elsner, Valentin Gabelmann, Tommaso Gori & Thomas Münzel;European Heart Journal in press (2020)
DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa290

Kontakt: Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der Kardiologie I im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, tmuenzel(at)uni-mainz.de

Quelle: Pressemitteilung der Universitätsmedizin Mainz