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Der richtige Wirkstoff gegen Ihren Bluthochdruck

Es gibt viele Arzneistoffe, mit denen ein zu hoher Blutdruck gesenkt werden kann. Doch nicht jeder Wirkstoff ist für jeden geeignet. Diese Vielfalt macht die Blutdruckeinstellung zur Kunst – und zur Chance für die Betroffenen. DZHK-Wissenschaftler Prof. Dr. Thomas Eschenhagen im Gespräch.

Prof. Dr. Thomas Eschenhagen | © Felizitas Tomrlin/UKE

Vier Wirkstoffklassen mit jeweils mehreren Medikamenten sind heute die erste Wahl zur Therapie bei Bluthochdruck. Hinzu kommen vier weitere Wirkstoffklassen für Spezialfälle, abgesehen von selten eingesetzten Medikamenten mit blutdrucksenkendem Effekt. Daraus ergibt sich einerseits eine erfreuliche Vielfalt an Optionen für behandelnde Ärztinnen und Ärzte, andererseits die Notwendigkeit, den/die individuell richtige(n) Arzneistoff(e) zu wählen. „Nicht jede Substanz ist für jeden Patienten gleich gut geeignet“, erläutern Prof. Dr. Thomas Eschenhagen, Leiter des Instituts für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, und Kollegen in einem aktuellen Beitrag für die Herzstiftungs-Zeitschrift „HERZ heute“ über Blutdrucksenker. Es gebe nicht den einen Arzneistoff oder die eine einzelne Wirkstoffklasse, die anderen überlegen sei, so Eschenhagen, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung. Anders ausgedrückt: Es sind in den vergangenen Jahrzehnten Wirkstoffe entwickelt worden, die besonders gut für bestimmte Hochdruck-Patienten passen. Sie haben verschiedene Wirkmechanismen. Deshalb verspricht die intelligente Kombination von Substanzen viel Effekt bei wenig unerwünschten Wirkungen. „Bei den meisten Patienten lässt sich der hohe Blutdruck mit der Kombination zweier Wirkstoffe der ersten Wahl einfach und nebenwirkungsarm in einen gesunden Bereich senken“, sind Professor Eschenhagen und Coautoren überzeugt.

Als Mittel der ersten Wahl gelten:
- ACE (Angiotensin Converting Enzyme)-Hemmer,
- Angiotensin (AT)-Rezeptor-Blocker,
- Kalziumkanal-Blocker,
- Diuretika („Wassertabletten“)

ACE-Hemmer (z.B. Ramipril) und AT-Blocker (z.B. Candesartan) unterbinden die blutgefäßverengende und damit blutdrucksteigernde Wirkung des körpereigenen Hormons Angiotensin II. Kalziumkanal-Blocker (z.B. Amlodipin) entspannen die dünne Gefäßmuskelschicht. Diuretika (z.B. HCT – Hydrochlorothiazid) entziehen dem Körper Wasser und Salz, von dem in westlichen Industrienationen bekanntlich zu viel gegessen wird. Sehr wahrscheinlich werde der Gesamtbestand an Salz (NaCL) im Körper reduziert „und das dürfte wesentlich zur langanhaltenden Blutdrucksenkung beitragen“, erklärt hierzu der Hamburger Pharmakologe Professor Eschenhagen. Weitere wichtige Wirkstoffklassen sind Betablocker, Alpha-2-Agonisten, Alpha-Blocker und Aldosteron-Rezeptor-Blocker. Sie werden gezielt eingesetzt, um die Wirkung blutdrucksteigernder Botenstoffe zu bremsen.

So wählen Ärzte den Blutdrucksenker aus

Wie entscheiden sich Ärzte für oder gegen ein spezifisches Hochdruckmedikament oder für eine Wirkstoffkombination? Wichtig ist zunächst, ob „nur“ ein Bluthochdruck vorliegt (isolierte Hypertonie) oder ob weitere Erkrankungen bestehen. In ersterem Fall wird heute häufig eine Kombination aus einem Kalziumkanal-Blocker und einem ACE-Hemmer oder AT-Blocker eingesetzt. Bestehen weitere Erkrankungen, richtet sich die Auswahl danach, ob es sich dabei um ein Herz- oder Nierenleiden handelt, ob Störungen des Elektrolythaushaltes im Blut befürchtet werden müssen, ob stark verengte Nierenarterien bestehen oder ob es sich um eine schwangere Frau handelt. Hat dieser Mensch gerade einen Herzinfarkt überstanden? Bestehen Herzrhythmusstörungen, ein Diabetes mellitus oder eine Gefäßkrankheit? Müssen pharmakologische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachtet werden? All diese Überlegungen beeinflussen die Wahl sowie die Dosierung der infrage kommenden Wirkstoffe.

So sind zum Beispiel Betablocker bei isolierter Hypertonie zwar nicht mehr Mittel der ersten Wahl, erläutern Professor Eschenhagen und Kollegen. „Bei Patienten mit Herzschwäche oder nach einem Herzinfarkt jedoch sind sie weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Standardtherapie.“ Manche Medikamente haben außerdem Zusatzeffekte, die im Einzelfall nützen. So können Männer mit vergrößerter Prostata doppelt von einem Alpha-Blocker profitieren: der Blutdruck wird gesenkt und der Entleerung der Harnblase wird erleichtert. Wenn Wirkstoffe kombiniert werden, dann solche mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Auf diese Weise können Dosen der Einzelwirkstoffe niedrig gehalten werden. Im Optimalfall resultiert ein verstärkt blutdrucksenkender Effekt bei zugleich reduzierter Nebenwirkungswahrscheinlichkeit.

Wie sich unerwünschten Wirkungen vorbeugen lässt

Unerwünschte Wirkungen sind ebenfalls ein wichtiges Entscheidungskriterium für den verordnenden Arzt. Die typischen Nebenwirkungsprofile der einzelnen Wirkstoffe sind aus klinischen Studien und Behandlungspraxis bekannt. Deshalb lässt sich entsprechenden Ereignissen vorbeugen, etwa mit regelmäßigen Kontrollen des Elektrolythaushalts. Manche anfangs vorkommenden Nebenwirkungen lassen mit der Zeit nach, teilweise sind sie Anlass, die Dosis zu reduzieren oder den Wirkstoff zu wechseln. „Nebenwirkungen lassen sich weitgehend vermeiden, wenn Ärzte eine einschleichende Dosierung wählen, also mit sehr niedrigen Dosen beginnen und langsam auf die Zieldosen erhöhen“, betont der Mediziner. „Damit hat der Körper Zeit, sich auf das Medikament einzustellen.“
Nach den jüngsten Empfehlungen der Europäischen Hochdruckgesellschaft soll jeder Mensch mit Bluthochdruck auf einen Wert von unter 140/90 mmHg eingestellt werden. Bei bestimmten Vorerkrankungen wie Diabetes sind noch niedrigere Werte empfehlenswert. Wichtig: Die Bluthochdrucktherapie ist eine lebenslange Therapie. Und weil mit dem Alter weitere Erkrankungen hinzukommen können, muss auch die Blutdruckeinstellung im Verlauf immer mal wieder angepasst werden.

Spritze gegen Bluthochdruck?

Was ist dran an einer langwirksamen Spritze gegen Bluthochdruck als Alternative zum täglichen Tablettenschlucken? Darauf hat Prof. Dr. Heribert Schunkert, Kardiologe am Deutschen Herzzentrum München und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung geantwortet: „Der Forschungsansatz ist durchaus interessant und die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.“ Geprüft wird derzeit ein RNA (Ribonukleinsäure)-Wirkstoff, der gezielt die Bildung des körpereigenen Hormons Angiotensin II ausschaltet, das an der Blutdruckregulation beteiligt ist. Erste klinische Tests bei Patienten mit mild bis moderat ausgeprägtem Bluthochdruck sind erfolgreich verlaufen. „Doch erst wenn sich diese Wirksamkeit in einer sogenannten Phase-3-Studie an einer ausreichend großen Zahl von Blutdruckpatienten bestätigt, kann eine Substanz zur Zulassung angemeldet werden“, erläutert Professor Schunkert. Dies dürfte allerdings noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Mehr zur Spritze gegen Bluthochdruck hier.

 

Wissenschaftlicher Kontakt: Prof. Dr. Thomas Eschenhagen (t.eschenhagen@uke.de), Leiter des Instituts für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE)

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Herzstiftung e.V.