Laut der „European Society of Cardiology“ leiden rund 18 Millionen Menschen weltweit an einer Mitralklappeninsuffizienz. Die Mitralklappe ist das Ventil zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer. Die beiden Segel der Klappe schließen sich, wenn das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge in die linke Herzkammer gepumpt wird, und verhindern so, dass Blut zurück in den Vorhof gelangt. Bei einer Mitralklappeninsuffizienz schließen die Klappensegel aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr richtig. Die Folge: Blut gelangt aus der linken Herzkammer bei jedem Herzschlag zurück in den Vorhof. Dies führt bei betroffenen Patient*innen zu zunehmenden Beschwerden, die bis hin zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) reichen können. Bei der funktionellen Mitralklappeninsuffizienz liegt die Ursache in einer Schwächung des Herzmuskels, die zu einer Veränderung der Herzstruktur und damit zu einer Funktionsstörung der Klappe führt.
Eine undichte Mitralklappe wird häufig bei Patient*innen mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz) angetroffen und verschlechtert die Lebenserwartung. Außerdem führt die Mitralinsuffizienz zu einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz-Symptomatik mit Krankenhauseinweisung. Seit 2008 gibt das minimal-invasive MitraClip-Verfahren zur Reparatur der Mitralklappe. Hierbei wird ein kleiner Clip über einen Katheter durch die Leistenvene bis zum Herzen geführt und an der undichten Klappe angebracht. Der Clip bringt die Klappensegel näher zusammen und verbessert so deren Schließfunktion. Dies reduziert den Rückfluss von Blut und entlastet das Herz, was wiederum die Symptome der Herzinsuffizienz lindert.
„Die Frage, ob eine Katheter-basierte Clip-Behandlung die Sterblichkeit der Patientinnen und Patienten und die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung reduziert, war bislang unklar, da zwei kontroverse Studien vorlagen: Während die Mitra-FR-Studie keinen Nutzen des Verfahrens zeigte, wies die COAPT-Studie hingegen auf einen deutlichen Nutzen hin“, sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). „Mit der RESHAPE-HF2-Studie, die aus dem Herzzentrum der UMG initiiert und koordiniert wurde, wollten wir Klarheit schaffen. Das MitraClip- Verfahren und andere innovative Verfahren zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen werden mit hoher Expertise am Herzzentrum der UMG durchgeführt.“
Ein Forscherteam des Herzzentrums der UMG und des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC) unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Anker, Kardiologe an der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin (Campus Virchow-Klinikum) des Deutschen Herzzentrums der Charité, ehemals Professor für Innovative Clinical Trials an der UMG, Prof. Dr. Wolfgang Schillinger, Chefarzt Medizin I (Kardiologie, Pneumologie und Intensivmedizin) im Helios Albert-Schweitzer-Klinikum Northeim, ehemals Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Prof. Hasenfuß hat nun die Ergebnisse der RESHAPE-HF2-Studie veröffentlicht.
Prof. Dr. Ulf Landmesser, stellvertretender Ärztlicher Direktor des DHZC und Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin (Campus Benjamin Franklin) gehört zum Steering Committee der Studie. Zu den Co-Autoren gehört Prof. Dr. Friedrich Köhler, Leiter des Arbeitsbereichs Telemedizin am DHZC.
Die Studie ergab, dass die Anzahl der Krankenhauseinweisungen nach einer Behandlung mit dem MitraClip um 41 Prozent gesenkt werden konnte und die Lebensqualität der Betroffenen signifikant verbessert wurde. „Die Ergebnisse der RESHAPE-HF2-Studie zeigen eindrucksvoll, wie das MitraClip-Verfahren Patientinnen und Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz und Mitralinsuffizienz helfen kann“, sagt Prof. Dr. Stefan Anker. „Besonders für Patientinnen und Patienten, die nicht für eine chirurgische Intervention geeignet sind, stellt diese minimal-invasive Methode eine wertvolle Alternative dar.“
Im Rahmen des diesjährigen Kongresses der European Society of Cardiology (ESC Congress) in London stellten die beteiligten Forscher*innen die wichtigsten Ergebnisse vor, die nun auch im renommierten Fachmagazin „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurden.
Originalpublikation: A Clinical Evaluation of the Safety and Effectiveness of the MitraClip System in the Treatment of Clinically Significant Functional Mitral Regurgitation (Reshape-HF2) (Anker et al., New Engl J Med, 2024)
Quelle: Pressemitteilung UMG (gemeinsame Mitteilung der UMG und des DHZC)